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Die El-Alamein-Stellung. Eine Montage. 80 Farbdias, 2012
Ruth Horak
FKK am Strand von El-Alamein – so lautete der Titel einiger Dias aus einem Konvolut an Kleinbilddiapositiven, die Tatiana Lecomte vor 20 Jahren in einem Papiercontainer bergen konnte. 40 gemeinsame Jahre eines Paares sind in hunderten Dias und Reproduktionen von Super-8-Filmen dokumentiert: Sie zeigen vor allem den Alltag in den eigenen vier Wänden, aber auch in Hotelzimmern und auf Stränden, und immer die Frau in erotischen bis pornografischen „Stellungen“ wie auf den eingangs genannten FKK-Fotos aus den 1960er-Jahren am Strand von El-Alamein. Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, dass dieser Strand nur wenige Jahre zuvor Bühne für Ereignisse ganz anderer Art war: 1942 konnten die Alliierten unter britischer Führung in zwei entscheidenden Schlachten die deutsch-italienischen Truppen schlagen und deren schrittweisen Rückzug aus Afrika erreichen, womit das strategisch wichtige Ziel des Suez-Kanals für die Deutschen in weite Ferne rückte.
Bild für Bild legt Tatiana Lecomte ihre Montage der El-Alamein-Stellung vor uns auf. Das Bildmaterial stammt aus Historienbüchern, aus Filmen, die die beiden Schlachten in Szene gesetzt haben, aus dem eingangs beschriebenen Privatarchiv, einer weiteren zugekauften Diaserie aus den 1970er Jahren und von einem eigenen Strandaufenthalt. Große Geschichte trifft auf kleine: Die große Geschichte des 2. Weltkriegs mit Flugzeugangriffen, Bombardements, Panzerstellungen am Strand, Getroffenen und Toten trifft sich mit der kleinen, privaten Geschichte eines Mannes, dessen Frau nackt für die Kamera posiert und der vielleicht als Soldat schon einmal in El-Alamein gewesen ist – große Geschichte wird letztlich immer auf den Rücken Einzelner geschrieben.
Indem Tatiana Lecomte entscheidet, die Bilder so unterschiedlicher Quellen wieder auf ein gemeinsames Äußeres zu bringen, entsteht eine Abfolge, die sich über Vergleiche und Analogien nicht nur zu einer Narration, sondern auch zu einer Reflexion über Bildmaterial entwickelt: Aus Büchern reproduzierte Originalaufnahmen von Kriegsfotografen, vom Bildschirm abfotografierte Bilder aus Historienfilmen, von einem Super-8-Film abfotografierte Dias, eigene Fotografien und das einzige Farbbild - ein an anderer Stelle gefundenes Dia einer Ägyptenreise - fordern die BetrachterInnen heraus, die Herkunft der Bilder anhand ihrer Qualität, der Körnung oder der Bildschirmstreifen zu bestimmen.
Wie bei Jean-Luc Godards Les Carabiniers werden die Bilder zum Beweismaterial, bestätigt durch die Hand der externen Kommentatorin, die ein Foto nach dem anderen vor uns auflegt. Dieses Präsentations-Prinzip scheint wie aus der Bildfolge gewachsen, denn auch dort taucht immer wieder die Hand auf: die, die Fähnchen in die Landkarte steckt, um die Angriffe vorzubereiten, die, die das Foto des kleinen Jungen zeigt, oder die Hand des Soldaten, die den Fotoapparat hält.