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Katrina Petter
Was haben „Bemerkungen über Syphilis“, der „Kampf gegen die Kasernierung der Prostitution“, das „Korsett beim Radfahren“ und eine „Petition der steuerzahlenden, eigenberechtigten Frauen Niederösterreichs“ mit dem Frauenwahlrecht zu tun? Es sind alles kleine Bausteine, die zwischen dem Revolutionsjahr 1848 und der Einführung des Frauenwahlrechts in Österreich 1918 die Komplexität der Themen, Initiativen,Vorurteile und Kämpfe rund um die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft widerspiegeln. Wer waren eigentlich die Frauen, die für die Gleichberechtigung, für Bildung und Arbeitsrecht auf die Straße gingen und die sich am Stammtisch und auf dem politischen Parkett dafür einsetzten?
Die Künstlerin Tatiana Lecomte hat in intensiver Recherche 52 unterschiedlichste Texte, die rund um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert in Zeitschriften abgedruckt, auf Flugblättern verteilt oder bei Versammlungen vorgetragen wurden, zusammengestellt. Den Originaltexten ist eine historische Verortung von Eva Geber und eine Kontextualisierung der Kunsthistorikerin Gudrun Ratzinger vorangestellt. Ergänzt wird das Buchprojekt um die Erfahrungen zweier junger Frauen, die im Herbst 2018 die Originaltexte an PassantInnen vor dem Palais Niederösterreich – Ausgangsort der Revolution von 1848 – in der Wiener Herrengasse verteilt haben. Welche Themen sind heute noch dieselben wie damals? Was erscheint uns nach 100 Jahren absurd? Wie haben sich Sprache und Begrifflichkeiten verändert? Wo sind heute die Grenzen der Frauenemanzipation?